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Gibt es einen Unterschied zwischen Rechenschwäche, Dyskalkulie und Rechenstörung?

Nein. Alle diese Begriffe bezeichnen dieselbe Entwicklungsverzögerung mathematischen Lernens. Ich verwende die beiden Begriffe „Rechenschwäche“ und „Dyskalkulie“.

 

Hilft normaler Nachhilfeunterricht rechenschwachen Kindern?

Rechenschwache Kinder haben sehr wenig Grundlagenwissen. Normaler Nachhilfeunterricht kann nicht auf diese besondere Lernausgangslage eingehen. Deswegen ist normaler Nachhilfeunterricht für rechenschwache Kinder Zeitverschwendung und für die Eltern daher eine unnötige Geldausgabe.

 

Warum versteht mein Kind meine Erklärungen nicht?

Wie auch normale Nachhilfelehrerinnen und Nachhilfelehrer schätzen Eltern in der Regel die Wissensbasis ihres (rechenschwachen) Kindes völlig falsch ein. Z.B. müssen Erklärungen zu Plus oder Minus scheitern, wenn das Kind überhaupt kein Zahlverständnis hat.

 

Warum sind Arbeitmittel in der Dyskalkulieförderung wichtig?

Durch viele Arbeitsmittel werden Zahlen anschaulich dargestellt. Auch die Zehner-Einer-Struktur wird sichtbar, sodass Kinder durch die Arbeit mit Arbeitsmitteln Rechenverfahren verstehen und teilweise sogar selbst entwickeln können. Da nicht jedes Kind mit jedem Arbeitsmittel gleichermaßen gut zurechtkommt, sollte eine fördernde Einrichtung über eine Vielzahl verschiedener Arbeitsmittel verfügen.

 

Ich habe meinem Kind schriftliche Addition beigebracht. War das richtig?

Überraschenderweise ist dies für den Aufbau stabilen mathematischen Verständnisses sogar schädlich, wenn es vor Mitte des dritten Schuljahres stattfindet.

Durch das ziffernweise Rechnen werden die Ziffern aus ihrem Sinnzusammenhang gerissen. Die 4 in der Zahl 46 ist nämlich gar keine 4, sondern eine 40. Bei einem rechenschwachen Kind verfestigt sich durch schriftliches Rechnen der Eindruck, dass mehrstellige Zahlen aus gleichwertigen Ziffern bestehen.

 

Bis wann sollte ein Kind aufgehört haben, mit den Fingern zu rechnen?

Der Lehrplan fordert eine Beherrschung des kleinen Einspluseins (bis 20) erst zum Ende des zweiten Schuljahres. Bis dahin sollte ein Kind schlussfolgernde Strategien verstanden haben und anwenden können. (Beispiel: 6+6=12, also ist 6+7=13)

 

Sollte man einem Kind verbieten, die Finger zu verwenden?

Auf keinen Fall! Ein Verbot bewirkt nur, dass die Finger verdeckt oder im Kopf benutzt werden. Dadurch wird noch mehr Aufmerksamkeit gebunden, die dann für den neuen Unterrichtsstoff nicht zu Verfügung steht. Das Kind kommt dann im Unterricht noch schlechter mit.

Wenn Fingerrechnen nicht verboten wird, können Eltern und Lehrer außerdem leicht erkennen, ab wann es nicht mehr benötigt wird.

 

Bis wann sollten Kinder das kleine Einmaleins beherrschen?

Der Lehrplan ist hier ganz eindeutig: Am Ende des vierten Schuljahres sollten die Sätze des kleinen Einmaleins auswendig beherrscht werden. Am Ende des zweiten Schuljahres sollten die Kinder die Aufgaben mit 2, 5 und 10 beherrschen und die anderen Aufgaben daraus ableiten können.

Viele Eltern und Lehrer denken, dass das kleine Einmaleins Ende des zweiten Schuljahres „sitzen“ sollte. Dies ist falsch und geht zu Lasten der Kinder.

 

Kann man Rechenschwäche verhindern?

Es ist bereits nachgewiesen, dass Kinder, die mit vier Jahren bei zahl- und mengenbezogenem Wissen einen Rückstand aufweisen, diesen in der Regel auch im dritten Schuljahr noch haben. Die Erprobung von Förderprogrammen im Kindergarten hat gezeigt, dass dieser Effekt bei Frühförderung abgemildert wird.

Ergebnisse von Abschlussarbeiten meiner Studierenden weisen darauf hin, dass eine Frühförderung im Bereich des Problemlösens sogar einen noch größeren Effekt haben könnte.

Die Wahrscheinlichkeit, mit der bei einem Kind eine Rechenschwäche auftritt, lässt sich also verringern.

 

Wie lernt das rechenschwache Kind nachhaltiger: Durch Üben oder durch Selbst Erarbeiten?

Wichtig ist hier eine geeignete Mischung aus beidem. Das Kind sollte sein Wissen selbst erarbeiten, denn nur solches Wissen ist stabil verankert. Einmal Verstandenes muss dann bis zur mühelosen Beherrschung eingeübt werden, damit das Kind in den darauf aufbauenden Lernschritten seine Hauptaufmerksamkeit auf die neuen Zusammenhänge richten kann.

 

Erschwert ADHS eine Dyskalkulieförderung?

Meiner Erfahrung nach lernen Kinder mit ADHS in den Erarbeitungsphasen sogar erheblich schneller als ihre Altersgenossen. Dies gilt aber nur dann, wenn sie nicht medikamentiert sind. Der Lerneffekt ist dabei genauso nachhaltig. Die Lehrperson sollte darauf achten, das Kind nicht durch Aufforderungen wie „sitz still“ oder „konzentriere Dich“ von der eigentlichen Aufgabe abzulenken. Still zu sitzen kostet nämlich ein erhebliches Maß an Aufmerksamkeit, die dann für den eigentlichen Lernvorgang nicht zur Verfügung steht.

 

Wie viel sollte man mit dem Kind üben?

Es kommt hier überraschenderweise hauptsächlich darauf an, wie oft man übt. Die Gesamtdauer spielt nur eine untergeordnete Rolle. Dies liegt daran, dass man unbewusst weiter über etwas nachdenkt, auf das man sich einmal eingelassen hat. Wenn man also mit einem Kind über den Tag verteilt vier mal 2 Minuten übt, entspricht dies mindestens einer Übungseinheit von einer Stunde.

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